Dr. yt. Aluhütler vs. Dr. med. Dr. h.c.
Die große Stunde schlägt, das große Fressen für China-Aluhüte „dank“ Corona ist serviert. Das Neuronenfeuerwerk überschlägt sich doppelt, dreifach und vierfach. Vergesst sämtliche Pandemien der Menschheitsgeschichte. Nein, vergesst sie nicht. Hinter jeder steckte die kommunistische Weltverschwörung, wenn nicht die hyperkommunistische. Ausschließlich. Mindestens. Anders-geht-das-gar-nicht-denkt-doch-mal-nach. Das „weiß“ man einfach. Man hat ein Video geschaut, das es einem erklärt hat! Comprende? Und dann noch eins. Von daher blickt man unter all den Schlaf-Trotteln so richtig durch, aber sowas von. Man d-u-r-c-h-s-c-h-a-u-t diese Verschwörungen gegen die gesamte Menschheit! Geisterfahrer sind die anderen! Wer Gegenargumente bringt (oder zumindest eine stichhaltige, in sich logisch-konsistente Argumentationskette zur Untermauerung der x-ten Anklage verlangt), ist halt hirngewaschen. Voreingenommen. Gekauft. Rein subjektiv. Infiltriert, indoktriniert und infiziert! Verzeihung, letzteres natürlich nicht. Ist schließlich alles nur ein Hoax der Chinesen zur ultimativen Chaosverbreitung und Machtergreifung. Wie, warum, wozu und auf Basis welcher kultur- und realhistorischen, psychogrammatischen Evidenz? „Frag halt nicht so saudoof, du Kommieknuddler!“ Herleitungen waren gestern! Lies von den Lippen: Der-Chi-ne-se-will-uns-al-le-tö-ten-und-un-ter-jo-chen-und-dann-wie-der-tö-ten – „du Schlafschaf!“ So wie andauernd während der letzten 8000 Jahre! Oder nicht. Egal! Es ist alles ein Hoax!! Also jetzt halt! Als es losging im gelben Höllenloch, war es freilich kein Hoax, sondern das killende Killervirus aus dem weltweit einzigen killenden Killerlabor, das vorsätzlich „auf die Menschheit losgelassen wurde!!“ Wegen Unterjochung und Machtübernahme, Mann! Endlich geschnallt? Auch wenn ausschließlich Chinesen starben und diese vermaledeite, schlitzäugige Ökonomie einbrach, mit der man doch den Rest der Welt überrollen, unterjochen, auf ewig und darüber hinaus knechten wollte! Perfideste Taktik eines High-IQ-Landes ever! „Egal, ihr Idioten! Das war von Anfang an so geplant!!!“
Stuss dieser Art überschwemmt gegenwärtig die (a)sozialen Medien. Jeder ist Prophet. Allerdings eine ganz besondere Art von Prophet, nämlich die, welche stets nach dem Auftauchen neuen Daten- oder (Des-)Informationsmaterials eben dieses „vorhersah“. Dabei wird das Anti-China-Fähnchen je nach Erschütterungen in der Gemengelage neu justiert. Mittlerweile, da klar wurde, dass nicht ausschließlich China furchtbare Tragödien durchleiden muss (nicht wenige Stimmen bekundeten zu Beginn gar offene Schadenfreude – meist dieselben, die anderen mangelnde Empathie unterstellen), handelt es sich – je nach persönlichem Geschmack – entweder um das absichtlich auf die Menschheit losgelassene „China-Virus“ oder um den teuflisch eingefädelten chinesischen „Hoax-Virus“ zur Erlangung der „weltweiten Kontrolle“. „Selbstverständlich“ labert man „keinesfalls“ erst seit dem Zeitpunkt auf die eine oder andere Weise daher, als sich abzeichnete, dass sich der Westen in Sachen Vorbereitung absolut stümperhaft, arrogant und sämtliche Warnungen ignorierend (oder bewusst in Kauf nehmend) verhielt und dementsprechend die x-fach prophezeiten Konsequenzen erleiden muss.
Je deutlicher der zu Beginn trotz wochenlanger Vorlaufzeit völlig träge, inkompetente, verharmlosende und mittlerweile – als Resultat davon – schier wahnsinnig-hilflose Umgang mit dem Virus in Europa und Amerika wird, desto aggressiver muss auf das ach so kommunistische Dreckloch in Fernost eingedroschen werden. Desto exzessiver muss auch der „chinesische Kommunismus“ in Dauerschleife überbetont werden. Immerhin hat man den vollen Durchblick. Qualifikation? Ein Facebook-Diplom! Vergesst Dr. rer. nat. und diesen ganzen Pseudomüll, 2020 ist Dr. YouTube, Baby! Wie oft muss man das noch betonen? Man-hat-die-Sache-durch-und-durch-durch-schaut und denkt einfach „weiter“ als das „schwachköpfige Schlafschaf“ von nebenan!
Als es in China richtig losging, tönte die (von meiner Seite im Vergleich zu den meisten anderen übrigens sehr geschätzte) amerikanische Regierung anfangs in völliger Selbstüberschätzung, dass man das Virus unter Kontrolle oder gar längst besiegt hätte. Alle jubelten. Jawohl, so schaut‘s aus, nehmt das, ihr dummen Schlitzis! Nachdem nun deutlich wird, dass der außenpolitisch (trotz keinerlei historischer Evidenz) „gefährliche und verbrecherische Chinese“ das Virus innerhalb einer mehr als viermal so großen Bevölkerung wie die US-amerikanische und etwa doppelt so großen Bevölkerung wie die gesamteuropäische im „schlimmsten Fall“ gar besiegt haben könnte, bleibt nur noch die Flucht nach vorne; diese allerdings mit Pauken und Trompeten, und mit immer unangenehmer aufstoßender, säbelrasselnder Rhetorik auf Basis eines sich gewaltig aufplusternden, sich jedoch an allen Ecken und Enden widersprechenden Verschwörungs-Brimboriums. Irgendwie fast „verständlich“. Es ist völlig egal geworden, womit man diese traute Einigkeit des aluhütigen China-Ressentiments stört – alles wird kurzerhand als „Beweis“ „erkannt“, von der KPC „gekauft“ worden zu sein. Ende der Durchsage.
Doppelstandards
Die Fragen, die man geflissentlich vermeidet:
1. War H1N1 (seltsamerweise nie das „Amerika-Virus“) eine „amerikanische Verschwörung“, um nach der „Weltherrschaft“ zu greifen? Was ist mit den damals 125000 infizierten und 800 toten Chinesen in China? Schweigen. Ebenfalls unwichtig für das Aluhut-Geschwader: Kein Chinese hatte bzgl. H1N1 jemals – bis zum heutigen Tag – etwas von einer „amerikanischen Weltverschwörung“ in den Äther gefurzt. Das bleibt der Job vom Aluhut-Doktoren-Team YouTube, kurz Dr. yt. Aluhütler. Sie bilden Task Force, „Aufklärung“ und moralische Selbstüberhöhung, garniert mit einem Schuss Selbstgerechtigkeit, in einem.
War die Pest eine Verschwörung? Die Spanische Grippe? EHEC? Ebola? MERS? Selbstverständlich nicht! Maximal noch SARS. Ach was! Ganz sicher sogar SARS! Weil… ihr wisst schon.
2. Warum haben andere ostasiatische Staaten das Virus sehr rasch unter Kontrolle bekommen? Südkorea zum Beispiel wurde und wird von passionierten und „bescheidwissenden“ China-Bashern – die in Sachen Kollektivismus gerne eine Ausnahme machen, sofern dadurch ihr Hassobjekt mit Schmutz überkübelt werden kann – im Umgang mit Covid-19 als Vorbild tituliert. Wie sieht dieser Umgang aus?
Verbindliches Tragen einer Maske für alle in der Öffentlichkeit;
Umfangreiches Testen auf SARS-CoV-2 – bis zum 23. März wurden in Südkorea 338.000 Tests durchgeführt;
Bereitstellen der Testergebnisse innerhalb von maximal einem Tag;
Konsequente Isolation der positiv Getesteten in häuslicher Quarantäne;
Tägliche Statusberichte der positiv Getesteten per Smartphone;
Bewegungskontrolle der positiv Getesteten, um sicherzustellen, dass die Quarantäne eingehalten wird;
Sofortige Benachrichtigung aller Südkoreaner per SMS über positiv Getestete in ihrer Wohngegend, inklusive Informationen zu den Zeiten, zu denen sich der positiv Getestete an öffentlichen Plätzen, an denen sie sich angesteckt haben könnten, befunden hat; etc.
Das volle Programm. „Dumm“ nur, dass dieses Vorgehen 1:1 dem Vorgehen in China entspricht, wo es vorher in die Wege geleitet wurde. Doch aus irgendwelchen Gründen gilt es einmal als eine Art Musterbeispiel für intelligentes und mustergültiges Vorgehen im Kampf gegen das Virus, ein anderes Mal nur als weiterer „Beweis“ für Totalitarismus. Unentschuldbar.
„Die chinesischen Zahlen sind alle erstunken und erlogen!“, tönt es ferner. Warum? „Weil China!!“ – Warum? „Hörst du schlecht?!“ Substanzielles sucht man meist vergebens. Sicherlich hat China die Zahlen beispielsweise durch anfängliche Verknappung der Test-Kits nach unten manipuliert. Alle manipulieren mit den Zahlen, alle wissen es, das ist auch einer der Kritikpunkte von Prof. Vogt (unten mehr). Aber niemand hat so schnell, so viele und so umfangreiche Studien ins Netz gestellt wie die Chinesen, um – Achtung! – den Rest der Welt zu warnen. Twitter war zudem voll mit Fotos und Filmen über die Zustände in den Krankenhäusern, Krematorien und auf den Straßen. Alle noch so rigiden Regierungsmaßnahmen wurden dokumentiert und ins Netz gestellt.
Die „neutrale“ Behauptung, dass alle chinesischen Zahlen „falsch“ seien, war, wenn auch nicht widerlegt, zumindest relativ schnell fragwürdig, zumindest dann, wenn man dem „Science Media Center Germany“ Glauben schenken möchte.
Dr. yt. Aluhütler sind sowas von paranoid geworden, dass sie mittlerweile schier unter jedem Grashalm irgendeine „Verschwörung unvorstellbaren Ausmaßes“, wenn nicht gar die Illuminaten und Echsenmenschen wittern. Es kann sich unmöglich einfach um ein – Verzeihung – beschissenes Virus handeln, das jedem schadet! Nein, China will natürlich – wie immer – min-des-tens die Weltherrschaft dadurch erreichen, auch wenn ihre eigene Wirtschaft gegen die Wand gefahren wurde und tausende Tote zu beklagen sind. (Denn ohne Virus hätten diese gelben Fledermäuse unter keinen Umständen die intellektuellen Kapazitäten!) Man ist – womöglich aus Langeweile und falscher Lebensentscheidungen – so süchtig nach diesem Verschwörungsmist geworden, dass man kaum noch durchblickt. Vorwärts, rückwärts, seitwärts, und wieder vor, nein, zurück. Hauptsache, China steht irgendwie scheiße da. „Die WHO tanzt nach Chinas Pfeife!! Sie ist unterwandert!“ Fünf Sekunden später: „Bill Gates gehört die WHO, er diktiert, was Sache ist!!“ Bill Gates ist also chinesisch unterwandert und diktiert der WHO die Handhabungen zur Umsetzung der chinesischen Weltverschwörung. Muss man wissen. Wie sollte es auch anders sein?? Abstrus ist Trumpf, solange irgendwie anti-chinesisch. Nichts ist weit genug hergeholt, um irgendwie das Menetekel eines gelben Vernichtungsszenarios an die Wand zu schmieren. Occam’s Razor? Pff. Gilt nur für andere an anderer Stelle.
„Was fällt denn irgendjemandem ein, mich wegen dieses Virus in meiner Bewegungsfreiheit einzuschränken?!“, tönen Stimmen (Implikation: Virus ist harmlos + Einschränkung ist totalitär). „Warum durften Chinesen noch fliegen?!“, tönen dieselben Stimmen (Implikation: Virus ist gefährlich + Totalitarismus ist dann ok, wenn er nur für Chinesen gilt). Klingt fair und logisch. Dr. yt. Aluhütler at work!
Wollen Chinesen helfen und Masken, Equipment etc. verschicken, wollen sie in Wahrheit wieder nur allen schaden, nein, mehr noch, sie wollen alle anderen ohne jede Frage „verletzen“ und „töten“ (!), weil bestimmtes Material schließlich defekt sei (selbstverständlich absichtlich und aus bösartigsten Motiven heraus). Würde China hingegen überhaupt nichts unternehmen, wäre das infernalische Geschrei exakt genauso groß, die Sache „sonnenklar und offensichtlich“: „China will den Rest der Welt verrecken lassen!!!!“ Es ist ein einziges Beklopptenstadl.
Ich könnte ewig so weiterschreiben und frage mich ernsthaft, unter welchen Bedingungen für Dr. yt. Aluhütler eine Pandemie tatsächlich einfach „nur“ eine Pandemie sein dürfte und was China tun müsste, um ihrer Dr. yt. Gnaden untertänigst zu „beweisen“, dass man ernsthaft hilft und auch helfen will. Das Versenden von 3.86 Milliarden Masken, 38 Millionen Schutzanzügen, 2.4 Millionen Infrarot-Temperatur-Messgeräten und 16.000 Beatmungsgeräten (Stand: 07. April) ist selbstverständlich nur „Ablenkung“, „Blendwerk“, Teil des „teuflischen Plans“.
Ist eine Pandemie an sich nicht schon schlimm genug? Womöglich. Aber offenbar viel zu „wenig“, viel zu „unsensationell“, viel zu wenig Teuflisches, Drama und Höllenschmiede für Internet-Junkies. – Doch um noch eine Antwort zu wagen: These: Es handelt sich immer nur dann um eine „normale“ Katastrophe, wenn ihr Ursprung nicht im „Reich der Mitte“ liegt (mehr dazu später).
Brachte Mainland-China in der Vergangenheit irgendetwas Positives zustande, war für viele „freiheitliche“ Dr. yt. Aluhütler der Beweis erbracht, wie „kapitalistisch“ die Reistöpfe wurden/sind. Geschieht irgendetwas Furchtbares, ist das Land durch und durch „kommunistisch“. Für Linksgrünbunte gilt dasselbe umgekehrt. Leute, ganz ehrlich, ich habe dieses diskursive Vexierspielchen sowas von satt. Seit Jahren rede ich mir den Mund fusselig, dass dieses Land weder das eine noch das andere ist. Gute Elemente. Ätzende Elemente. Unbezahlbare Elemente. Grausame Elemente. So wie in Land X, Y oder Z, Himmelherrgott! Die Zeiten des klassischen Kommunismus sind vorbei. Weil er, wie immer und überall auf der Welt, auch hierzulande grandios zerbröselt war. Seit dem Tode Maos werden sowohl Sozialismus als auch Kapitalismus konfuzianisch interpretiert und diktiert. Das mag auf lange Sicht wahrscheinlich ebenfalls in die Hose gehen, ich maße mir kein Urteil an. Außer Frage steht jedoch, dass diese Variante anhand des fernostphilosophischen Überbaus bisher weltweit einzigartig ist.
Rührt die Verwirrung vielleicht daher?
Ich könnte den Irrsinn, der mir während der letzten Monate entgegen schwallte, noch seitenweise durchpflücken. Glücklicherweise hat dies vor einigen Tagen Professor Dr. med. Dr. h.c. Paul Robert Vogt getan. In einem Gastkommentar der Schweizer „Mittelländischen“ zieht er eine „Zwischenbilanz oder eine Analyse der Moral, der medizinischen Fakten, sowie der aktuellen und zukünftigen politischen Entscheidungen“. Da ich es selbst nicht besser, geschweige denn auch nur annähernd mit dem selben Sachverstand formulieren könnte, übergebe ich an den brillanten, besorgten Schweizer
Dagegen veröffentlichte das deutsche Magazin DER SPIEGEL einen Artikel mit der Überschrift „Tödliche Arroganz“ und damit meinten sie nicht Amerika, sondern das überhebliche Europa.
Was sind die Fakten?
Nach der SARS-Epidemie hat China ein Überwachungsprogramm installiert, welches eine auffällige Häufung atypischer Lungenentzündungen so früh wie möglich melden sollte. Als vier Patienten in diesem Land mit seiner gigantischen Bevölkerung in kurzer Zeit eine atypische Lungenentzündung zeigten, hat das Überwachungssystem Alarm ausgelöst.
Nachdem bei 27 (andere Quellen sagen: 41) Patienten in Wuhan eine atypische Pneumonie diagnostiziert worden war, aber noch kein einziger Todesfall vorlag, hat die chinesische Regierung am 31. Dezember die WHO informiert.
Am 07. Januar 2020 hat dasselbe Team von Peng Zhou, welches im März 2019 vor einer Corona-Pandemie gewarnt hatte, das vollständig definierte Genom des verursachenden Virus an die Welt weitergegeben, damit so schnell wie möglich weltweit Test-Kits entwickelt, eine Impfung erforscht und monoklonale Antikörper hergestellt werden können.
Entgegen der Meinung der WHO haben die Chinesen Wuhan im Januar mit einem „travel ban“ und einer Ausgangssperre lahmgelegt. Ich erspare es mir, auf die anderen Maßnahmen einzugehen, welche in China getroffen worden sind.
Nach Meinung internationaler Forschungsteams hat China mit diesen früh und radikal einsetzenden Maßnahmen Hunderttausenden von Patienten das Leben gerettet.
Am 31. Dezember 2019 hat Taiwan alle Flüge aus Wuhan gestoppt. Die weiteren 124 Maßnahmen Taiwans sind im „Journal of American Medical Association“ publiziert – rechtzeitig. Man hätte sie nur zur Kenntnis nehmen müssen.
Ohne Zweifel hat die „Command and Control“-Struktur Chinas initial zu einer Unterdrückung relevanter Informationen geführt, umgekehrt jedoch später bei der Begrenzung der Pandemie umso effektiver funktioniert. Der Umgang mit dem Augenarzt Li Wenliang ist schrecklich [Er wurde übrigens zu keinem Zeitpunkt „inhaftiert“, wie manche glauben, sondern musste ein Dokument unterzeichnen, keine öffentliche Panik zu verbreiten. Danach ging er wieder an die Arbeit – Anm. Mende] passt jedoch zu solchen Ereignissen. Als 1918 der amerikanische Landarzt Loring Miner in Haskell County im US-Bundesstaat Kansas mehrere Patienten mit Grippesymptomen sah, welche an Heftigkeit alles Bisherige übertrafen, hat er sich an den „United States Public Health Service“ gewandt und um Unterstützung gebeten. Diese wurde im verweigert. Drei Patienten von Haskell County wurden zum Militärdienst eingezogen. Albert Gitchell, der Küchenunteroffizier – der Patient NULL – verbreitete das Virus in jener Kompanie, für die er kochte und die nach Europa verlegt wurde. 40 Tage später gab es in Europa 20 Millionen Infizierte und 20.000 Tote. Die 1918 Pandemie hat mehr Tote verursacht als der 1. Weltkrieg.
Die Klagen des Westens über die „Behandlung“ von Li Wenliang sind berechtigt, aber triefen von Doppelmoral, weiß man doch, welches Schicksal Whistleblowern im Westen mit seinen tollen Werten widerfahren. Auch die US-Regierung versuchte, medizinische Informationen zu filtern, indem die führenden Virologen Amerikas von Trump angewiesen worden waren, jede öffentliche Aussage zuvor mit Mike Pence, dem Vize-Präsidenten, zu besprechen, was im kürzlich erschienen „Science“ unter dem Titel „Do us a favor“ als „unacceptable“ bezeichnet und mit China verglichen worden ist.
Politik ist das eine, die wissenschaftlichen Arbeiten sind das andere. Bis Ende Februar 2020 sind derart viele, exzellente wissenschaftliche Arbeiten mit chinesischen und gemischt amerikanisch-chinesischen Autoren erschienen, dass man hätte wissen können, um was es bei dieser Pandemie geht und was man vorkehren sollte.
Warum hat man alles verpasst?
Weil weder Politiker noch Medien und die Mehrzahl der Bürger fähig sind, in einer solchen Situation Ideologie, Politik und Medizin zu trennen. Eine virale Pneumonie ist ein medizinisches und kein politisches Problem.
Dank des politisch-ideologisch begründeten Ignorierens medizinischer Fakten hat sich Europa in kürzester Zeit selber zum weltweiten Pandemie-Zentrum gemacht – mitten drin die Schweiz mit der zweithöchsten Pro-Kopf-Infektionsrate.
Politik und Medien spielen hier eine besonders unrühmliche Rolle.
Statt sich auf das eigene Versagen zu konzentrieren, wird die Bevölkerung durch ein fortgesetztes, dümmliches China-Bashing abgelenkt.
Dazu kommen, wie immer, Russland-Bashing und Trump-Bashing. Man muss Trump keinesfalls mögen – aber bis die USA bezüglich der COVID-19-Todesfälle pro Kopf gleichauf mit der Schweiz liegen, müssen sie 30.000 Tote haben.
Wie kann man konstant andere Länder kritisieren, wenn man mit dem zweitteuersten Gesundheitswesen der Welt pro Kopf am zweitmeisten Infizierte hat und weder genügend Masken noch genügend Desinfektionsmittel noch genügend medizinisches Material vorweisen kann? Die Schweiz wurde von dieser Pandemie nicht überrascht – nach dem 31. Dezember 2019 hat man mindestens zwei Monate Zeit gehabt, die dringendst notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Und zu diesem Verhalten haben die Medien beileibe genug dazu beigetragen. Die mediale Berichterstattung erschöpft sich im Schönreden, was Bundesrat und BAG veranlassen, sowie im Kritisieren anderer Länder.
Beispiele von dümmlichem China-Bashing gibt es genug: „Die Chinesen sind schuld!“ Wer so etwas behauptet, versteht nichts von Biologie und Leben überhaupt. „Alle Pandemien kommen aus China“: Die Spanische Grippe war in Tat und Wahrheit eine amerikanische Grippe, HIV kam aus Afrika, Ebola kam aus Afrika, die Schweinegrippe aus Mexiko, die Cholera-Epidemie der 60er-Jahre mit Millionen von Toten aus Indonesien und MERS aus dem Nahen Osten mit Zentrum Saudi-Arabien.
Ja, SARS kam aus China. Aber die Chinesen haben im Gegensatz zu uns gelernt, wie „Foreign Affairs“ am 27. März 2020 schreibt: „Past Pandemics Exposed China’s Weakness. The Current One Highlights Its Strengths“.
Wenn konstant behauptet wird, die Zahlen, welche China zur COVID-19-Pandemie veröffentlicht, seien sowieso alle beschönigt, was heißt dann das? Heißt das, dass wir deshalb nichts unternehmen müssen? Oder heißt es nicht viel mehr, dass es sich – sind diese Zahlen wirklich beschönigt – um eine noch viel gefährlichere Pandemie handelt, für die wir in Europa Vorkehrungen treffen sollten? So viel zur Logik von sinnlosem, politischem Nach-Geplapper.
Mit konstanten Aussagen wie „die Chinesen lügen sowieso nur”, „Taiwan kann man nichts glauben”, „Singapur, eine Familien-Diktatur, lügt sowieso” kommt man dieser Pandemie nicht bei. Auch hier agiert die US-Zeitschrift „Foreign Affairs“ – bestimmt nicht per se China-freundlich – intelligenter, wie man am 24. März 2020 lesen kann: „The U.S. and China could cooperate to defeat the Pandemic. Instead, their antagonism makes matters worse”. Und am 21. März: „It takes a world to end a Pandemic. Scientific cooperation knows no boundaries – Fortunately”.
Ich kann die Kritik von Lukas Bärfuss nur begrüßen. Insbesondere seine Aussage:
„Warum die entsprechenden Fabriken nicht mehr in Biberist stehen. Sondern in Wuhan. Und ob dieses Allokationsproblem vielleicht nicht nur Zellulose betrifft, sondern auch Information, Bildung, Nahrung und Medikamente.“
Diese Aussage trifft ins Schwarze und demaskiert unsere Arroganz und Ignoranz.
Reicht es nicht, dass der Westen zu Beginn dieser Pandemie hochnäsig und mit einer gewissen Schadenfreude nach China geschaut hat? Muss jetzt die Unterstützung der westlichen Staaten durch China auch noch bösartig diffamiert werden? China hat bis heute 3.86 Milliarden Masken, 38 Millionen Schutzanzüge, 2.4 Millionen Infrarot-Temperatur-Messgeräte und 16.000 Beatmungsgeräte geliefert.
Nicht Chinas angeblicher Weltmachtsanspruch, sondern das Versagen der westlichen Länder hat dazu geführt, dass der Westen buchstäblich am medizinischen Tropf Chinas hängt.
6. Woher stammt dieses Virus?
Auf unserem Globus gibt es ungefähr 6400 Säugetier-Arten. Fledermäuse (bats) und Flughunde machen 20% der Säugetier-Population aus. Es gibt 1000 verschiedene Arten von Fledermäusen und Flughunden. Es sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können, was ihren großen Bewegungsradius erklärt.
Fledermäuse und Flughunde beherbergen eine Unzahl von Viren. Wahrscheinlich sind Fledermäuse und Flughunde in der Entwicklungsgeschichte die Eintrittspforte von Viren in den Stammbaum der Säugetiere gewesen.
Es gibt zahlreiche gefährliche Viren, welche von den „Bats“ auf den Menschen übergesprungen sind und für viele Krankheiten verantwortlich sind: Masern, Mumps, Tollwut, Marburg-Fieber, Ebola und andere, seltenere, nicht weniger gefährliche Krankheiten. Auch bei anderen Säugetieren haben von „Bats“-stammende Viren immer wieder zu Massensterben in der Schweine-, Hühner- oder Vogelzucht geführt. Dies sind entwicklungsgeschichtlich Jahr-Millionen alte biologische Vorgänge. Auch in der DNA gesunder Menschen finden sich Reste von viraler Gensequenzen, die über die Jahrtausende „eingebaut“ worden sind.
SARS und MERS haben die Forschung an Corona-Viren intensiviert, gerade weil man mit einer baldigen, neuen Corona-Viren-Epidemie, respektive Pandemie gerechnet hat. 22 der 38 bekannten und noch lange nicht definitiv klassifizierten Corona-Viren wurden von chinesischen Forschern in extenso studiert, siehe u.a. Peng Zhous Publikation zur Epidemiologie der „bat coronaviruses in China“ sowie die anderen, oben erwähnten Publikationen Amerikanischer Autoren. Peng Zhou hat im März 2019 eine baldige, neue Corona-Epidemie vorausgesagt und zwar aus folgenden Gründen:
Hohe Biodiversität in China;
Hohe Anzahl an „Bats“ in China;
Hohe Bevölkerungsdichte in China = nahes Zusammenleben zwischen Tier und Mensch;
Hohe genetische Variabilität der „Bats“, d.h. eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich das Genom einzelner Coronavirus-Typen spontan im Rahmen zufälliger Mutationen verändern kann;
Hohe aktive genetische Rekombination von Corona-Viren, heißt: Corona-Viren verschiedener Typen tauschen untereinander Genom-Sequenzen aus, die sie dann für den Menschen aggressiver machen können;
Die Tatsache, dass viele dieser Viren – Corona-Viren, aber auch Ebola- oder Marburg-Viren – zusammen in diesen „Bats“ hausen und zufällig genetisches Material austauschen können. Obwohl nicht bewiesen, hat Peng Zhou auch die Essgewohnheiten der Chinesen angesprochen, welche die Wahrscheinlichkeit einer Transmission dieser Viren von Tieren auf den Mensch erhöhen. Peng Zhou hat in seinem Artikel vom März 2019 vor einer Corona-Pandemie gewarnt. Und er schrieb, dass er nicht sagen könne, wann genau und wo diese Pandemie ausbrechen würde, aber dass China mit großer Wahrscheinlichkeit ein „hot-spot“ sein werde. So viel zur wissenschaftlichen Freiheit notabene. Peng Zhou und seine Gruppe aus Wuhan haben weitergeforscht und sie waren es, die bereits am 7. Januar das Genom von COVID-19 identifiziert und der ganzen Welt mitgeteilt hatten.
Es gibt vier Theorien, wie dieses Virus auf den Menschen übergesprungen ist:
Das COVID-19-Virus ist von einer Fledermaus direkt auf den Menschen übertragen worden. Dasjenige Virus, welches in Frage kommt und genetisch zu 96% mit dem aktuellen COVID-19-Virus übereinstimmt, kann jedoch von seiner Struktur her nicht an das „Angiotensin-Converting-Enzyme“ (ACE) Typ 2 in der Lunge andocken. Das Virus benötigt aber dieses Enzym, um in die Lungenzellen (und in die Zellen des Herzens, der Niere und des Darmes) eindringen und diese zerstören zu können.
Ein COVID-19-Virus sprang vom Pangolin, einem Malaysischen Säugetier mit Schuppen, welches illegal in China eingeführt worden sei, auf den Menschen und war zunächst nicht krankheitserregend. Im Rahmen konsekutiver Mensch-zu-Mensch-Transmissionen hat sich dieses Virus an die beim Menschen vorliegenden Rahmenbedingungen dank Mutation oder Adaptation angepasst und konnte schließlich an den ACE2-Rezeptor andocken und in die Zellen eindringen, womit die Pandemie „startete“.
Es gibt einen Elternstamm dieser beiden COVID-19-Viren, der bis anhin leider unentdeckt blieb.
Es handelt sich um ein synthetisches Labor-Virus, denn genau daran wurde geforscht und der biologische Mechanismus der Krankheitserregung ist ja im Detail schon 2016 beschrieben worden. Die angefragten Virologen verneinen natürlich diese Möglichkeit, können sie aber auch nicht ausschließen, nachzulesen im eben publizierten „Nature Medicine“: „The proximal origin of SARS-CoV-2“ von Kristian Andersen.
Das Besondere an diesen Tatsachen ist, dass Corona-Viren zusammen mit dem Ebola-Virus auf ein und demselben „Bat“ leben können, ohne dass die Fledermaus erkrankt. Einerseits ist dies wissenschaftlich interessant, weil vielleicht Immunmechanismen gefunden werden können, die erklären, wieso diese Fledermäuse nicht erkranken. Diese Immunmechanismen gegenüber Corona-Viren und dem Ebola-Virus könnten Erkenntnisse liefern, die für den Homo sapiens von Bedeutung ist. Andererseits sind diese Tatsachen beunruhigend, weil man sich vorstellen kann, dass sich aufgrund der hohen, aktiven, genetischen Rekombination ein Supervirus bilden kann, welches eine längere Inkubationsdauer als das aktuelle COVID-19-Virus, aber die Letalität des Ebola-Virus aufweist.
SARS wies eine 10%ige Mortalität auf, die Mortalität von MERS betrug 36%. Es war nicht das Verdienst des Homo sapiens, dass SARS und MERS sich nicht so schnell ausgebreitet haben, wie jetzt COVID-19. Das war einfach nur Glück. Die Behauptung, dass ein Virus, welches eine hohe Mortalität habe, sich nicht ausbreiten könne, weil es ja viel zu schnell seinen Wirt umbringe, war zu den Zeiten richtig, als eine „infizierte“ Kamelkarawane von X’ian Richtung Seidenstraße losgezogen ist und wegen der hohen Mortalität in der nächsten Karawanserei gar nicht mehr ankam. Heute geht das Ruckzuck. Heute sind alle massivst vernetzt. Ein Virus, das in drei Tagen tötet, geht trotzdem um die Welt. Alle kennen Peking und Shanghai. Ich kenne Wuhan seit 20 Jahren. Keiner meiner Kollegen und Bekannten hat je etwas von Wuhan gehört. Aber hat man gesehen, wie viele Ausländer es in Wuhan – in einer Stadt, die „niemand“ kennt – gab und wie sie blitzschnell in alle Weltregionen verteilt wurden? Das ist die heutige Situation.
7. Was wissen wir? Was wissen wir nicht?
Wir wissen,
dass es sich um ein aggressives Virus handelt;
dass die mittlere Inkubationszeit fünf Tage dauert; die maximale Inkubationszeit ist noch nicht klar;
dass asymptomatische COVID-19 Träger andere Personen anstecken können und dieses Virus „extrem ansteckend“ und „extrem resistent“ (A. Lanzavecchia) ist;
wir kennen die Risiko-Populationen;
dass es in den letzten 17 Jahren nicht gelungen ist, weder eine Impfung noch einen monoklonalen Antikörper gegen Corona-Viren zu entwickeln;
dass es überhaupt noch nie gelungen ist, eine Impfung gegen welches Corona-Virus auch immer zu entwickeln;
dass auch die so genannte „Grippe-Impfung“ entgegen der gängigen Werbung nur einen minimalen Effekt ausweist.
Was wir nicht wissen:
ob nach durchgemachter Infektion eine Immunität vorliegt, oder nicht. Gewisse Daten weisen darauf hin, dass der Mensch ab dem 15. Tag Immunglobuline der G-Klasse entwickeln kann, welche eine erneute Infektion mit demselben Virus verhindern sollten. Aber es ist noch nicht definitiv bewiesen;
wie lange eine allfällige Immunität schützen könnte;
ob dieses COVID-19-Virus stabil bleibt, oder ob sich im Herbst analog der üblichen Grippe-Welle erneut ein leicht verändertes COVID-19 über die ganze Welt verbreitet, gegen welches keinerlei Immunität vorliegt;
ob uns die höheren Temperaturen des Sommers helfen, weil die Hülle des COVID-19 bei höheren Temperaturen instabil ist. Hier muss erwähnt werden, dass das MERS-Virus sich im Nahen Osten in den Monaten Mai bis Juli verbreitet hatte, als die Temperaturen höher waren, als sie bei uns je sind;
wie lange es dauert, bis eine Population so durchseucht ist, dass der R-Wert größer 1 ist:
Wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Million Zürcher testet, sollen aktuell angeblich 12% bis 18% COVID-19 positiv sein. Um der Pandemie ihren Pandemie-Charakter zu nehmen, müsse der R-Wert größer 1 sein, d.h. circa 66% der Bevölkerung müssen mit dem Virus Kontakt gehabt und Immunität entwickelt haben. Niemand weiß, wie lange, wie viele Monate es dauern wird, bis die Durchseuchung, die aktuell 12% bis 18% betragen soll, 66% erreicht hat! Aber man kann davon ausgehen, dass die Weiterverbreitung des Virus von 12% bis 18% auf 66% der Bevölkerung weiterhin schwerkranke Patienten generieren wird.
wir wissen also nicht, wie lange wir mit diesem Virus zu tun haben werden. Zwei Berichte, welche der Öffentlichkeit nicht zugänglich sein sollten (U.S.- Government COVID Response Plan sowie ein Bericht des Imperial College London) kommen unabhängig voneinander auf eine „Lock-down“-Phase von bis zu 18 Monaten;
und wir wissen nicht, ob uns dieses Virus epidemisch/pandemisch oder vielleicht sogar endemisch beschäftigen wird;
wir haben nach wie vor keine anerkannte und breit anwendbare, definierte Therapie; eine solche haben wir auch bei der Influenza nie präsentieren können. Vielleicht sollten Behörden und Medien einmal die Fakten auf den Tisch legen, statt alle zwei Tage Meldungen von einer scheinbar erfolgreichen Impfung, die nicht mehr weit weg ist, zu präsentieren.
8. Was können wir aktuell tun?
Die Frage nach den besten Lösungsansätzen kann ich auch nicht beantworten. Ob die Schweiz die Pandemie überhaupt noch eindämmen kann, oder ob die Durchseuchung der Bevölkerung unbeeinflusst weiterläuft, weil man initial alle Maßnahmen verschlafen hat, ist möglich.
Wenn dem so ist, kann man nur hoffen, dass wir diese „Politik“ nicht mit zu vielen Toten und Schwerkranken bezahlen. Und dass nicht zu viele Patienten an den Langzeitfolgen einer COVID-19-Infektion leiden, wie z.B. einer „dank“ COVID-19 neu erworbenen Lungenfibrose, einem gestörten Glucose-Metabolismus sowie neu auftretenden kardiovaskulären Erkrankungen. Die langfristigen Konsequenzen einer durchgemachten SARS-Infektion sind bis 12 Jahre nach angeblicher Heilung dokumentiert. Hoffen wir, dass sich COVID-19 anders verhalten wird.
Die Aufhebung des „Lock-down“ respektive die Rückkehr zu dem, was wir als normal empfinden, ist sicherlich der Wunsch eines jeden. Welche Schritte bei der Rückkehr zur Normalisierung mit nachteiligen Folgen verbunden sein werden – d.h. mit einem Wieder-Aufflammen der Infektionsrate – kann niemand voraussagen. Jeder Schritt Richtung Lockerung ist im Grunde genommen ein Schritt ins Unbekannte.
Wir können nur sagen, was nicht machbar ist: Eine aktive Durchseuchung der Nicht-Risiko-Gruppen mit dem COVID-19-Virus ist mit Sicherheit ein absolutes Hirngespinst. Es kann nur Leuten in den Sinn kommen, die keine Ahnung von Biologie, Medizin und Ethik haben:
kommt es mit Sicherheit nicht in Frage, Millionen von gesunden Mitbürgern absichtlich mit einem aggressiven Virus zu infizieren, von welchem wir eigentlich überhaupt nichts wissen, weder das Ausmaß der akuten Schädigung noch die Langzeitfolgen;
Je größer die Anzahl Viren pro Population, desto größer die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Mutation, welche das Virus noch aggressiver machen könnte. Also sollten wir sicher nicht aktiv mithelfen, die Anzahl Viren pro Population zu erhöhen.
Je mehr Leute mit COVID-19 infiziert sind, desto wahrscheinlicher wird es, dass sich dieses Virus noch „besser“ an den Menschen adaptiert und noch desaströser wird. Es wird ja angenommen, dass das bereits einmal passiert ist.
Bei staatlichen Reserven von angeblich 750 Milliarden, ist es ethisch und moralisch verwerflich, aus bloßen wirtschaftlichen Überlegungen Millionen von gesunden Personen zu infizieren.
Die gewollte Infizierung gesunder Leute mit diesem aggressiven Virus würde eines der fundamentalen Prinzipien der gesamten Medizingeschichte aus reinen, kurzfristigen ökonomischen „Bedenken“ akut aushebeln: Das Prinzip des „Primum nil nocere“ [„Erstens nicht schaden“, ein hippokratischer und damit übrigens westlicher Grundsatz – Anm. Mende]. Ich würde mich als Mediziner weigern, an einer derartigen Impfaktion überhaupt teilzunehmen.
Die Bestimmung der COVID-19 IgM- und IgG-Antikörper-Konzentration im Blut geht scheinbar mit der Neutralisierung des COVID-19-Virus einher. Die quantitative und qualitative Diagnostik dieser Antikörper wurde bis jetzt nur in einer kleinen klinischen Studie mit 23 Patienten untersucht. Ob die Massenbestimmung der Antikörper im Blut einen kontrollierten „Lock-down“ sicherer machen, indem sich vorerst nur nicht mehr ansteckende und nicht mehr ansteckbare Personen frei bewegen können, kann derzeit nicht beantwortet werden. Ebenso unklar ist, wann diese Methode klinisch valide und breit anwendbar sein wird.
9. Zukunft
Diese Pandemie wirft viele politische Fragen auf. „Foreign Affairs“ mit Donald Trump und Anthony Fauci auf dem Cover schreibt am 28. März 2020 dazu: „Plagues tell us who we are. The real lessons of the Pandemic will be political“.
Diese politischen Fragen werden nationaler und internationaler Art sein.
Die ersten Fragen werden ganz bestimmt unser Gesundheitswesen betreffen. Mit einem 85-Milliarden-Budget hat es die Schweiz – was die Anzahl Corona-Patienten pro 1 Million Einwohner betrifft – weltweit auf Rang 2 geschafft. Gratuliere! Was für eine Schande! Grundlegendes und billiges Material fehlt in der Schweiz nach 14 Tagen. Das kommt davon, wenn selbsternannte „Gesundheitspolitiker“, „Gesundheits-Ökonomen“ und IT-Experten Milliarden in Projekte wie e-Health, elektronische Gesundheitskarte, überteuerte Klinik-Informationssysteme (man frage einmal das Kantonsspital Luzern!), tonnenweise Computer und „Big Data“ investieren und so vollkommen zweckentfremdet Milliarden aus dem Gesundheitswesen abziehen. Und Ärzteschaft und FMH sind buchstäblich zu blöd, endlich einmal dagegen aufzustehen. Sie lassen sich lieber jede Woche als Abzocker und Kriminelle titulieren. Die Schweiz muss endlich untersuchen, wie viel von 1 Million Kassengelder noch für medizinische Leistungen aufgewendet werden, welche direkt dem Patienten zugutekommen und wie viel Geld zweckentfremdet in Branchen-fremde Lobby-Vereinigungen fließt, die sich schamlos am 85-Milliarden-Kuchen bereichern, ohne je einen Patienten gesehen zu haben. Und natürlich braucht es endlich eine adäquate Qualitätskontrolle medizinischer Leistungen. Auf die weiteren Maßnahmen im Rahmen der Reorganisation des schweizerischen Gesundheitswesens möchte ich hier nicht eingehen.
Die internationalen Fragen betreffen vor allem unser Verhältnis zu China und den asiatischen Ländern überhaupt. Kritische Stellungnahmen: Ja. Aber konstantes, dümmliches „Bashing“ anderer Nationen kann kein Rezept dafür sein, globale Probleme gemeinsam anzugehen – von „Lösen“ möchte ich gar nicht sprechen. Anstatt sinnlose Propaganda nachzuplappern, sollte man sich vielleicht einmal mit Autoren auseinandersetzen, die tatsächlich ausgewogen auf hohem Niveau etwas zu sagen haben, so zum Beispiel:
Pankaj Mishra: Aus den Ruinen des Empires
Kishore Mahbubani: The Asean Miracle. A Catalyst for Peace
Has the West lost it?
Can Asians think?
Lee Kuan Yew: One man’s view of the world
David Engels: Auf dem Weg ins Imperium
Noam Chomsky: Wer beherrscht die Welt
Bruno Macàes: The Dawn of Eurasia
Joseph Stiglitz: Reich und Arm
Stephan Lessenich: Neben uns die Sintflut
Parag Khanna: Unsere asiatische Zukunft
[Ergänzend: Stefan Baron & Guangyan Yin-Baron: Die Chinesen – Psychogramm einer Weltmacht
Gunnar Heinsohn: Wettkampf um die Klugen – Kompetenz, Bildung und die Wohlfahrt der Nationen – Anm. Mende]
Lesen heißt noch lange nicht, allen diesen Autoren in allem Recht zu geben. Aber es wäre für den Westen – inklusive die Schweiz – von großem Wert, Besserwisserei, Ignoranz und Arroganz hier und dort durch Fakten, Verständnis und Kooperation zu ersetzen. Die Alternative besteht ja nur darin, zu versuchen, unsere vermeintlichen Konkurrenten früher oder später in einem Krieg zu eliminieren. Was man von dieser „Lösung“ halten soll, kann jeder selber entscheiden.
In diesem Sinne kann man nur darauf hoffen, dass sich die Menschheit eines Besseren besinnt. Träumen ist immer erlaubt.
Die Herausforderungen sind global. Und die nächste Pandemie steht vor der Tür. Und diese wird vielleicht durch ein Super-Virus verursacht werden und ein Ausmaß annehmen, das wir uns lieber nicht vorstellen möchten.
„Die Kritiker sprechen Schwächen in der Datenlage an, die in der Tat bedenklich sind. Tatsächlich weiß derzeit noch niemand genau, wie gefährlich das neue Coronavirus wirklich ist, welche Maßnahmen wirklich notwendig sind und wie viele Tote es am Ende geben könnte. Diese Unsicherheit geht aber in beide Richtungen. Die Gefahr könnte sowohl über- als auch unterschätzt werden. Zudem verbreitet sich das Virus rasend schnell. Würde man erst so lange forschen, bis man die Notwendigkeit der Schutzmaßnahmen bewiesen hätte, könnte es längst zu spät sein. Die derzeitige Datenlage ist eine vorläufige.“
Wenn man nichts macht, die Pandemie also laufen lässt, verdoppelt sich die Zahl der Ansteckungen alle drei Tage. Davon sind wir inzwischen runter, weil wir die Pandemie eben nicht laufen lassen, obwohl wir sie noch nicht vollständig verstanden haben und die Datenlage unvollständig ist. Dieses Vorgehen halte ich für sinnvoll und dafür plädiert auch der Artikel.
Verglichen mit schnöder Grippe wiederum ist die Ansteckungsrate in der Tat sehr schnell, weil es noch keine Immunität in der Bevölkerung gibt und wegen der vergleichsweise langen schon infektiösen Inkubationszeit von COVID-19.
Analyse der aktuellen Übersterblichkeit in Italien. Solche Berichte gibt es seit vergangener Woche, aber der Heise-Artikel erklärt die Angelegenheit sehr gut.
Es gibt das Argument: „Die Leute sterben mit Covid-19, aber nicht an Covid-19, weshalb die Letalität überschätzt wird.“
Es spricht vieles dafür, dass das Gegenteil richtig ist: In Italien rafft das Virus nicht weniger, sondern sogar noch viel mehr Menschen dahin, als in den offiziellen Statistiken auftauchen. In ganz Italien und Spanien starben im März viel mehr Menschen als normal um diese Zeit, wobei dieser Effekt in Städten und Gemeinden mit vielen SARS-CoV-2-Infektionen besonders stark ist. So gut wie jeder mit Corona Gestorbene ist auch an Corona gestorben. Covid-19 verursacht nicht nur akutes Lungenversagen, sondern auch septische Schocks, Herzinfarkt, Nierenversagen und Enzephalitis (siehe unten). Bei allen Covid-Toten war ein Covid-Symptom die Todesursache, sonst zählt es nicht. Falls ein Infizierter ausnahmsweise tatsächlich durch was anderes stirbt, z. B. einen Auto-Unfall, dann gilt der nicht als Coronatoter. In Italien sterben normal 1.700 Menschen am Tag, jetzt seit zwei Wochen 2.600. In Bergamo sterben im Schnitt 3,3 Menschen am Tag, inzwischen über 50. Was bringt diese Leute auf einmal alle um?
Krankenhauskeime, Luftverschmutzung und andere Faktoren gibt es dort alle schon ewig. Warum sind die Menschen in den vergangenen Jahren nicht massenweise daran gestorben, jetzt auf einmal aber schon? Unfallopfer werden nicht als Coronatote gezählt, aber andersrum gibt es viele Coronatote, die nicht in der Statistik auftauchen. Zum einen schaffen es viele nicht ins Krankenhaus, sondern sterben einsam zu Hause. Die werden nicht immer post mortem getestet und wenn doch, dann erst mit großer Verzögerung. Zweitens gibt es viele Tote ohne typische Covid-Symptome, weil das Virus auch das Gehirn und das Zentrale Nervensystem befällt (siehe auch hier und hier). Die Betroffenen kriegen dann Schlaganfälle, epileptische Anfälle, plötzlichen Herz- oder Atemstillstand und fallen innerhalb von Stunden einfach tot um, ohne dass sie Husten, Schnupfen, Fieber oder andere Atemwegssymptome gehabt hätten. Dieser Befall des ZNS ist auch der Grund, aus dem 30% der Covid-Patienten einen Geschmacks- und Geruchssinnverlust erleiden. Solche Todesfälle fallen ebenfalls oft durchs Raster, weil man da kein Covid vermutet und dementsprechend nicht testet.
In der Stadt Nembro (11.500 Einwohner) in der Gemeinde Bergamo starben zwischen dem 1. Januar und dem 19. März 2020 insgesamt 158 Menschen, in den vorhergehenden Jahren aber durchschnittlich nur 35 im selben Zeitraum. Das sind dieses Jahr 123 oder 4,5 Mal mehr Tote als normal. Von denen wurden aber nur 31 (das sind 25 %) als Covid-Opfer ein-gestuft.
In Cernusco sul Naviglio und Pesaro lag die Zahl der anormalen Todesfälle sogar 6,1 bzw. 10,4 Mal höher als die offiziell gemeldeten Covid-19-Sterbefälle.
In der Stadt Bergamo selbst gab es diesen März 533 Todesfälle, 2019 waren es 125. Als Covid-19-Tote wurden aber nur 201 aufgelistet, die anderen 207 übersterblichen Todesfälle bleiben damit unerklärt.
In der Provinz Bergamo mit ihren 1,1 Millionen Einwohnern starben im März 2019 insgesamt 900, diesen März aber 5.400 Menschen. Das sind 4.500 bzw. 6 Mal mehr Tote als normal. Ein Zusammenhang mit Covid-19 wurde aber nur bei 2.060 Todesfällen offiziell gemeldet, also nur bei 45 % der zusätzlich Gestorbenen.
Die offiziellen Sterbezahlen überschätzen die Zahl der Coronatoten nicht, sondern unterschätzen sie in Hotspots um den Faktor 2 bis 6. Wahrscheinlich wird hin und wieder mal einer als Coronatoter klassifiziert, der eigentlich aus einem anderen Grund gestorben ist, aber demgegenüber stehen Tausende tatsächliche Opfer des Virus, die nicht als solche erfasst werden.
Man hört dann auch Entgegnungen wie die, wonach die höhere Zahl der Toten neben der Coronavirus-Pandemie mit dem überforderten Gesundheitssystem zu tun haben könne, durch das auch andere gefährdete und alte Patienten in den Krankenhäusern nicht entsprechend behandelt werden konnten, zumal viele Haus- und Krankenhausärzte selbst infiziert seien. Unversorgte und unbehandelte Menschen zuhause oder in Altersheimen könnten vermehrt gestorben sein.
Das alles wäre aber ebenso eine reale Folge der Pandemie und dieser damit selbstverständlich zuzurechnen. Die Menschen sind tot. Wäre Corona nicht, wären sie nicht tot. Ergo ist Corona der Tod kausal zurechenbar. Die Letalität des Virus selbst hängt von der Auslastung des Gesundheitssystems ab. Wenn die Intensivstationen voll und die Beatmungsgeräte be-legt sind, steigt die CFR im Handumdrehen von 1 % auf 5 %. Beim totalen Zusammenbruch kann es sogar Richtung 15 % gehen, denn so viele brauchen zumindest Sauerstoff im Krankenhaus.
Wir wissen aus Norditalien, dass Covid-19 über Wochen hinweg 15 Mal mehr Menschen als alle anderen Todesursachen zusammen umbringen kann. Auf ganz Italien hochgerechnet wären das 25.000 Tote pro Tag, in Deutschland 33.000 pro Tag.
Ende März hörte man aus Norditalien, regional sei die Übersterblichkeit insgesamt bis zu sechsmal höher als die Zahl der Toten, die offiziell als mit Corona assoziiert gemeldet wurden. In Wahrheit rafft das Virus noch sehr viel mehr Menschen dahin, als in den offiziellen Statistiken landen. Erstens sind bisher erst ungefähr 0,1 % der Erdbevölkerung infiziert. Zweitens dauert es nach der Infektion im Schnitt drei Wochen, bis man daran stirbt. Allein von den aktuell bereits infizierten werden in den kommenden drei Wochen mindestens 250.000 sterben. Wie schwer ist es, das zu antizipieren? Und wie schwer ist der Dreisatz, dass noch mindestens 500 Mal mehr sterben werden, wenn sich noch 500 Mal mehr Menschen infizieren? Dabei ist die Überlastung des Gesundheitssystems, welche die CFR von 1 % auf 5 % steigen lässt, noch gar nicht mitgerechnet.
Quellen:
"Warum die Corona-Krise keine Übertreibung ist"
"In der Lombardei gibt es viel mehr mit Corona verbundene Tote als offiziell gemelde"
"Some Coronavirus Patients Show Signs of Brain Ailments"
"The neuroinvasive potential of SARS‐CoV2 may play a role in the respiratory failure of COVID‐19 patients"
"Neurotropie des Coronavirus könnte eine Rolle bei schweren SARS-CoV2-Verläufen spielen"
"Lungenversagen bei Covid-19 - Atemstillstand könnte auch zentrale Ursache haben"
Es stimmt, dass in der Vergangenheit unglaublich viel Hysterie auf Basis fragwürdiger „wissenschaftlicher“ Evidenz entstanden ist. Das bedeutet aber doch nicht, dass grundsätzlich hinter ALLEM nur eine „Verschwörung“ steckt.
Wieso sollten rationale Menschen, die in der Vergangenheit vor dem Klimahype und vielen anderen Dingen gewarnt haben, jetzt auf einmal „einfach nur Panik“ schüren? Ich störe mich überhaupt an dem Wort „Panikmache“ und gehe damit Dr. Osterholm einher. Ich renne nicht mit meinen Armen umherfuchtelnd durch die Gegend und kreische „Der Untergang ist nah“ oder Ähnliches, nicht einmal nach knapp acht Wochen Quarantäne. Ich weise auf die nüchternen Zahlen und empirische Erfahrungen hin.
Es stimmt auch, dass dieser Coronavirus selbstverständlich vom Staat dafür „missbraucht“ wird, dass nun alle möglichen Fehlentscheidungen der Vergangenheit und Gegenwart damit gerechtfertigt werden. Das bedeutet aber doch nicht, dass dieser Virus deshalb ungefährlich wäre. Deswegen sage ich: Ihr habt ZWEI reale Probleme. Den kranken Staat UND (!) ein reales und tödliches Virus.
Freunde meiner Frau in Hubei haben gefilmt, wie die Leichen ihrer Nachbarn aus Wohnblöcken abtransportiert wurden. Was müsste denn geschehen, bis nicht mehr alles nur „ein Gefühl“ der Bedrohung o.Ä. wäre?
Gibt es aufgrund des Umstandes, dass der deutsche Staat inkompetent ist, deshalb keine realen Gefahren NEBEN ihm mehr? Ich halte das für verantwortungslos (und in gewisser Weise extremistisch). Es ist doch viel eher so, dass GERADE der Staat mit einer REALEN Gefahr offensichtlich nicht umgehen kann. Das bedeutet aber nicht, dass die Gefahr nicht besteht, Himmelherrgott.
Es scheint in der gegenwärtigen Situation schier unmöglich geworden zu sein, noch normal miteinander kommunizieren zu können, wenn es um die aktuelle Krise geht. Was auch immer geäußert wird, irgendeine Seite verfällt in Schnappatmung. Die Nerven liegen blank. Der Stresslevel hat den roten Bereich auf den Armaturen erreicht.
Rationale Argumente, empirische Untersuchungen, statistische Erhebungen oder Vergleiche – alles wird in einem emotional durch und durch aufgeheizten Klima eines sich im Untergang befindenden Systems ausgelegt, wie es die eigene Psychohygiene augenblicklich benötigt: Als Verharmlosung, Apologie, Hysterie, Voreingenommenheit – in jedem Falle aber als Provokation.
Ich persönlich – seit nunmehr bald sieben Jahren in China lebend und beinahe alle Provinzen besucht habend – stehe dadurch, dass ich eingehend mit den hiesigen Gepflogenheiten hüben wie drüben vertraut bin und als Historiker ebenso viel Zeit in das Studium der jeweiligen Geistes- und Kulturgeschichte investiert habe, seit jeher zwischen den Stühlen. Ich liebe die Vorteile aus jeder Welt und kritisiere die Nachteile. Das ist freilich nichts Außergewöhnliches.
Dieser Umstand führt in der Praxis jedoch regelmäßig dazu, dass sich irgendwer ganz fürchterlich auf den Schlips getreten fühlt. Für diverse Chinesen, mehr noch aber einige Kollegen, (ehemalige) Weggefährten oder „User“ bin ich ein „Scheißkapitalist“, der doch nicht allen Ernstes ein gutes Haar an den Vereinigten Staaten lassen könne, würden diese doch regelmäßig „die Welt erpressen und ausbeuten“. Allerdings wäre die Welt ohne „den Westen“ und insbesondere die USA meines Erachtens ein tristerer, vor allem aber weniger entwickelter Planet. Die Gründe hierfür sollen jetzt nicht aufgeführt werden. Die Stunden, in denen ich mich in meinem privaten chinesischen Umfeld kritisch über diverse Begebenheiten in China ausgelassen und mitunter sehr angeregte, manchmal hitzige Diskussionen geführt habe, sind mittlerweile nicht mehr zählbar.
Verhält es sich jedoch umgekehrt, indem ich positive Seiten Chinas hervorhebe und auch gegen (meist historisch nicht haltbare) Falschbehauptungen verteidige, tritt das andere Grüppchen mit Schaum vorm Mund hervor. Plötzlich bin ich nicht mehr „Scheißkapitalist“, sondern „undifferenziert“, „vom System gekauft“ und selbstverständlich ausschließlich subjektiv in meiner Betrachtung allgemeiner Entwicklungen.
Man sollte annehmen, es sei eigentlich selbstverständlich, dass ich weder das eine noch das andere bin. Im engsten Kreis weiß man darum natürlich Bescheid, entsprechend ergiebig und konstruktiv sind dann auch Unterhaltungen. Beim Rest ist es ein wenig wie mit den etlichen politischen Lagern, aus deren Zentren mich reihum die irrsten und wildesten Anklagen erreichten und erreichen. Für Linke bin ich rechtsextrem, für Rechte, Identitäre und/oder Patrioten ein Vaterlandsverräter. Für Libertäre bin ich Etatist, für wieder andere zu ruhig, geduldig und zurückhaltend, für diverse andere Trolle hingegen gar menschenverachtend und arrogant. It goes on and on.
So what? Mein persönlicher Schluss lautet: Alles richtig gemacht. Es gibt ein wunderbares Zitat von der brillanten Ayn Rand, an das ich bei all dem Gekeife häufig denken muss:
„Einige der falschen Darstellungen mögen unabsichtlich sein, da einige Leute es schwierig finden, neue Ideen zu begreifen, ganz davon abgesehen, sie korrekt wiederzugeben. Aber die meisten Falschdarstellungen sind absichtlich, da ein Versuch, einem Schriftsteller das genaue Gegenteil seiner Ideen zuzuschreiben, kaum als unschuldiger Fehler angesehen werden kann. Es gibt viele solche Versuche, und einige von ihnen sind noch recht aktuell. Wer sie glaubt, verdient sie. Mike Wallace fragte mich einmal in einem Fernsehinterview, was ich von solchen Taktiken hielte. Ich sagte, dass ich einer Zeile aus Kiplings Gedicht ‚Wenn…‘ zustimme: ‚Wenn du die Worte, die du mal gesprochen, aus Narrenmäulern umgedreht vernimmst…‘, dann macht mir das nichts. Es sind nicht die Narren, die ich ansprechen will.“
Ich bin mir also im Klaren darüber, dass die folgenden Gedanken bezüglich der aktuellen Corona-Seuche stets irgendwen bis zum Anschlag „triggern“ wird. Ist aber irrelevant. Zur Verdeutlichung werde ich an entsprechenden Stellen hinzufügen, wo sich irgendeine Seite erfahrungsgemäß sofort „provoziert“ fühlen wird.
Meine persönlichen Erfahrungen in China decken sich relativ gut mit anderen Bekannten, die diese Epidemie ebenfalls hierzulande erleben – oder, optimistisch gesprochen, bald überstanden haben. Insgesamt befinde ich mich mit meiner Familie nunmehr seit sieben Wochen in Quarantäne. Das Virus hatte nicht lange Zeit benötigt, um auch in der Hauptstadt einzutreffen – von Wuhan aus eine beinahe doppelt so weite Distanz wie beispielsweise zwischen Bayern und Norditalien, was mich bereits vor Wochen skeptisch machte, wieso die Sache offenbar kaum irgendjemand in Deutschland ernst nahm. Erfahrungsberichte aus Italien klingen eins zu eins so wie meine eigenen, mit dem Unterschied, dass ich (und natürlich nicht nur ich!) bereits fünf Wochen zuvor davon berichtet hatte. Welche Maßnahmen, welche Vorkehrungen wurden getroffen?
Ich erlebe gegenwärtig, wie unter dem Deckmäntelchen der reinen „Systemkritik“ oder trotz irgendwelcher Lippenbekenntnisse einige Zeitgenossen oder „Freunde“ ganz unverhohlen ihren Hass und – ich sage es ganz gewiss nicht leichtfertig – ebenso eine rassistische (und damit kollektivistische) Grundhaltung gegenüber alles Chinesischen zur Schau stellen. Sie tun das völlig ungeniert und in einigen Fällen im vollen Bewusstsein, dass ich mit einer Chinesin (im Übrigen aus Wuhan) verheiratet bin. Na meinetwegen. Können sie tun. Eigentlich sollten solche Leute ganz, ganz still sein, wenn es um Ausführungen zum Kollektivismus geht. Dafür müsste einem jedoch überhaupt erstmal einer der vielen Widersprüche auffallen. Hier sind zwei meiner Favoriten:
1. Einerseits aus Leibeskräften auf China eindreschen, dass es das wahre Ausmaß der Corona-Katastrophe mit gefälschten Zahlen unterdrückt, andererseits jeden zur Sau machen, der vor einem zu leichtfertigen Umgang warnt und zur individuellen Vorsorge (inklusive Selbst-Quarantäne) rät, weil man damit ja nur der New World Order auf den Leim gehe. Was denn nun? Bei solchen Stilblüten braucht man Nerven wie Drahtseile oder jede Menge Humor.
2. Einerseits jede persönliche (vorübergehende!) Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit als die Ausgeburt blanken, totalitären Terrors und brachialer Willkür brandmarken, sich andererseits aber darüber echauffieren, dass der Chinese (selbstverständlich an sich) nicht sofort und umgehend an eben dieser Bewegungsfreiheit gehindert wurde und in andere Länder fliegen durfte.
Woran man erkennen kann, dass jemand letztlich nur billiges China-Bashing (als Ganzes) betreibt? Genau an denselben Merkmalen, an denen man erkennt, dass jemand Antisemit ist. Das, was anderen „Volksgruppen“ durchgelassen wird, wird Juden (bzw. Chinesen) nicht durchgelassen bzw. nicht ohne Hohn, Spott, Rachegelüsten und Wut. Unter jedem Grashalm wittert man die „kommunistische Weltverschwörung“. Vielleicht ist da sogar irgendwas dran, aber warum gerade jetzt und warum wegen Corona? War die Spanische Grippe auch eine kommunistische Weltverschwörung? Oder EHEC? Oder H1N1? Wie gesagt, es kommt für diese Leute nur darauf an, WO ein Unheil seinen Ursprung hat oder WER gegenwärtig an der jeweiligen Spitze eines Landes steht. Bezogen auf China wird augenblicklich von nicht wenigen aufgrund der unerträglich dummen und fahrlässigen Aktion einer oder mehrerer Individuen in Wuhan ein gesamtes Land in Sippenhaft genommen, ungeachtet des Umstandes, dass es (zumindest bisher) selbst nach wie vor am stärksten davon in Mitleidenschaft gezogen wurde und sich viele Wochen verzweifelt dagegen gestemmt hat.
Hygiene ist nach wie vor ein riesiges Problem in China und ich kritisiere diesen Umstand, seitdem ich hier wohne. Chinesen gehen im Allgemeinen mit Hygiene genauso unbedarft und blauäugig um wie mit ihren persönlichen Daten. Das wiederum ist meines Erachtens auf die katastrophale Zeit unter Mao zurückzuführen, als die (im Übrigen aus Deutschland importierte) Ideologie des Kommunismus zu Massenverhungern führte und Chinesen gezwungen waren, die mitunter ausgefallensten Tiere zu essen (z.B. Fledermäuse). Es ist sehr leicht, sich heute darüber lustig zu machen, aber der historische Hintergrund ist ein sehr tragischer. Bis heute hat sich diese Praxis ins Verständnis von Chinesen eingebrannt, auch wenn nur eine verschwindend kleine Minderheit derart „Exotisches“ konsumiert (ähnlich wie mit den Hunden).
In diesem sehr sehenswerten Clip vom 27. Februar analysiert und vergleicht ein Amerikaner allgemeine Maßnahmen, Zeitabstände, Infektionen etc. zwischen Corona und H1N1. Diejenigen, die China völliges Versagen und gar eine „kommunistische Attacke“ vorwerfen (ungeachtet des nicht ganz so logischen Umstandes, sich selbst zu dezimieren), müssten fairerweise erklären, welche „vorsätzliche Attacke“ sich vor einigen Jahren hinter H1N1 verbarg und in welchem Verhältnis die „frisierten Zahlen in China“ zu den „tatsächlichen“ von damals stehen: Natürlich sollte vollkommen klar sein, dass H1N1 weltweit medial völlig anders dargestellt worden wäre, wenn zu jenem Zeitpunkt nicht Obama, sondern Trump Präsident gewesen wäre. Von daher schrieb ich oben, es komme eben darauf an, WO das Unheil (wie eine Pandemie) seinen Anfang nimmt und UNTER WEM. Ich warte eigentlich nur darauf, dass die üblichen, moralisch flexiblen Mainstream-Blätter Trump für Corona verantwortlich machen. Entweder das oder eine „kommunistische Attacke zum Ziele der chinesischen Weltherrschaft“. Darunter geht nichts. Epidemien oder Pandemien können mittlerweile unmöglich mehr „nur“ eine furchtbare Angelegenheit darstellen, die man am besten gemeinsam bekämpft. – Nein, es müssen heutzutage grundsätzlich mindestens noch die Illuminaten, Freimaurer, Reptiloiden und weiß der Teufel noch wer mit im Boot sitzen. Oder eben China. Wer leise Zweifel kundtut oder gar handfeste Beweise und in sich konsistente Argumentationsketten haben möchte (zum Beispiel anhand eines kulturgeschichtlichen, psychologischen Musters), ist nur zu „naiv“, um dieses monströse, hochkomplexe Was-auch-immer zu begreifen. (Nur der historisch ahnungslose Schreihals ist im Bilde.)
Ein kleiner Exkurs: China hatte in seiner 8000 Jahre währenden Geschichte immer wieder die Chance, fremde Länder zu kolonisieren. Stets wurde darauf verzichtet. Allein die Flotte der Ming-Dynastie war größer als sämtliche europäische Flotten zusammengenommen. In sieben großen Überfahrten wurde nicht ein fremdes Land „besetzt“, obwohl es ein leichtes gewesen wäre. Der Grund besteht in Chinas Hauptphilosophien (Konfuzianismus, Taoismus, Buddhismus), die dem Land stets als moralischer Kompass dienten und nach wie vor dienen. Erst wenn diese durch die kommunistische Ideologie verdrängt werden würden, so meine Einschätzung, sollte sich der Rest der Welt ernsthaft Sorgen machen. Allerdings sehe ich hierfür keine Anzeichen. Nicht einmal Mao und 70-80 Millionen Tote vermochten die evolutionär gewachsenen und tief in Sitte, Kultur und Genetik eingebrannten Philosophien zu verdrängen. Eine Befragung unter chinesischen Schülern (also jungen Leuten) ergab, dass Konfuzius nach wie vor als ideologisch wichtigster und einflussreichster Chinese gilt.
Bei den Feierlichkeiten zum 15. Jahrestag der Wiedervereinigung Macaus mit der Volksrepublik China im Dezember 2014 fügte Xi Jinping dem seit 2013 von der Propagandaabteilung der KPCh weit verbreiteten Konzept Hu Jintaos das Vertrauen in die eigene Kultur (文化自信) hinzu, die die Basis für die drei anderen Formen des Selbstvertrauens ( = Sozialismus chinesischer Prägung, eigene Theorien, eigenes System) bilde. Irgendeinen Grund muss es geben, warum dieses Land über Jahrtausende hinweg niemals untergegangen ist. Ein ausschlaggebender besteht meines Erachtens in dem (friedlichen) Umgang mit dem Ausland. Nichts davon ficht China-Hasser an. Nichts davon wollen sie hören und wissen. Für sie ist China Kommunismus und nichts sonst. Alles Verbrecher. Ihre Einwohner hörige Lemminge. Ein Höllenloch eben. Ende der Durchsage. Da können sich Leute wie ich, Stefan Baron oder Gunnar Heinsohn die Münder fusselig reden bzw. die Finger wund schreiben. Dass ich und (erneut) etliche Millionen andere Chinesen mit hoher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig nicht mehr am Leben wäre, sofern es sich um den klassischen Kommunismus nach marxistischem Vorbild handelte, tangiert die einseitig „Kritischen“ ebenfalls nicht. Ich und viele andere wären angesichts der aktuellen Lage mittlerweile nämlich verhungert, nachdem die Regale in den Supermärkten nach kurzer Zeit leer gewesen wären (siehe Venezuela). Stattdessen gab es zu keinem Zeitpunkt Versorgungsengpässe in Sachen Lebensmitteln, jedenfalls keine, die der Rede wert wären, nicht einmal in der Katastrophenprovinz Hubei, wo insgesamt rund 20 Verwandte meiner Frau und mehrere befreundete Ärzte und Krankenschwestern eingekesselt sind. (Es gab sogar durchgehend Klopapier!)
Und damit zurück zum aktuellen Dilemma.
Insgesamt sagen die offiziellen Zahlen in China, dass die Infektion quasi gestoppt ist – es gibt außerhalb Hubeis seit etwa dem 4. März keine Neuinfektionen mehr. Inwieweit man dem glauben darf/will/kann/soll, wage ich nicht zu beurteilen. Aber aus meiner Perspektive hat die chinesische Regierung relativ rasch extrem aggressiv und konsequent alles daran gesetzt, die Infektionsketten zu stoppen und das ist letztlich (relativ) gut gelungen. Dabei hatte Chunjie (das chinesische Neujahrsfest) einerseits zwar den großen Nachteil, dass im Land unglaublich viel gereist wird (vergleichbar etwa mit Thanksgiving in den USA), andererseits fährt China zu diesem Zeitpunkt einmal pro Jahr komplett herunter. Es ist sehr viel einfacher, den Unternehmen zu sagen, geschlossen zu bleiben, als bei laufendem Betrieb zu befehlen: „Ihr macht jetzt zu.“
Dazu kommt, dass man in China dank SARS Erfahrung mit dem Thema hatte: Kurze Zeit – ich würde sagen, zwei bis drei Tage, nachdem offenbar wurde, dass es eine neue Virusepidemie gibt, gingen die Menschen in Beijing, Shanghai, Guangzhou usw. nur noch mit Maske aus dem Haus und auch die sozialen Kontakte wurden extrem schnell heruntergefahren. Das alles trug auch dazu bei, dass die Infektionsketten unterbrochen wurden. Deutschland ist davon weit entfernt.
Ich kann nicht wirklich beurteilen, ob die Maßnahmen der Situation angemessen waren/sind. Das Problem bei all diesen Dingen ist (insbesondre in Ländern, die die Leute als „demokratisch“ interpretieren) Folgendes: Reagiert die Politik früh und stark, gibt es kaum ein Problem (siehe Taiwan: die haben die Grenzen am 2. Februar geschlossen: 55 Infizierte und ein Toter), aber unglaublich viele Leute werden dir erklären, dass die Maßnahmen völlig übertrieben waren und nur Panik geschürt wurde. Reagiert man zu spät, steigen die Todesfälle und es kommt erst recht zu einer Panik.
Am Ende ist es schwierig zu sagen, was letztlich schwerer wiegt: Einige tausend/zehntausend zusätzliche Tote oder der wirtschaftliche Schaden + eine schwer abschätzbare Zahl an Toten wegen Ausfall von Lieferketten, Vermögensverlusten usw. usf. – Ethische Dilemmata, die sich kaum auflösen lassen, solange Zwangspolitik nach wie vor als „alternativlos“ betrachtet wird. Etliche Libertäre scheinen außer Aluhut-Stories und wirrem Individualitätsgefasel auf diese Fragen keine Antworten zu haben. Dabei gäbe es gerade die Antwort der individuellen Verantwortung: Nicht nur sich selbst durch vernünftiges Handeln und Vorsorge schützen, sondern auch die anderen Mitglieder der Gesellschaft – z.B. indem man in der Öffentlichkeit eine Maske trägt und soziale Kontakte einschränkt. Stattdessen hört man völlig unausgegorenen Blödsinn und „Ich hab keine Angst vor Corona!“ oder „Das ist alles nur Hysterie!“ (Ich persönlich, könnte ich mir aussuchen, in welcher Gesellschaft ich leben möchte, würde in jedem Falle eine wählen, die tödliche Viren ernst nimmt, meinetwegen auch „zu ernst“.)
Ist es nicht erstaunlich, dass der Grad an individueller Gefahrenerkennung und entsprechendem Handeln im vordergründig kollektivistischen China wesentlich höher ist als in Europa? Das liegt an dem kaum zu entkräftenden und sich hartnäckig in den Köpfen haltenden Missverständnis, wonach Chinesen kollektivistisch ticken. Die Wahrheit ist jedoch: Chinesen werden nicht kollektivistisch erzogen, wie im Westen oft fälschlicherweise angenommen, sondern relationalistisch, genauer: familistisch. (Ein weiterer Grund, warum die Kultur noch niemals unterging.) Die Qin-Dynastie hat ebenso wie zwei Jahrtausende später Mao versucht, die Menschen in einem kollektiven Geist zu erziehen. Beide sind damit gescheitert. Die Familie erwies sich immer als stärker. Mit Familie sind dabei nicht allein Eltern und Kinder gemeint, sondern die Sippe, also ein größerer Kreis, der sich auf eine gemeinsame Abstammung berufen kann. Manchmal umfasst dieser ein ganzes Dorf, in dem alle denselben Nachnamen tragen und einen gemeinsamen Ahnenschrein unterhalten. In der Familienüberlieferung und Ahnenverehrung leben die Verstorbenen auch nach dem Tode fort. Familienchroniken werden in China deshalb besonders gepflegt und reichen oft über viele Jahrhunderte zurück. Die Ahnenverehrung im Familientempel ist eine quasi-religiöse Betätigung. Familie ist für Chinesen Religionsersatz, Schutzraum und Sozialsystem in einem. Und ich erlebe es hier gerade unmittelbar: Hier stemmt sich ein komplettes Land mit aller Macht gegen einen unsichtbaren Feind. Die jahrtausendealten, chinesischen Überlebensstrategien greifen auch jetzt und es ist unglaublich spannend, das am eigenen Leibe mitzuerleben, so furchtbar die Lage auch ist. Familien rücken zusammen, Menschen solidarisieren sich untereinander, etliche Leute richten online Hilfsfonds und Spendenkonten ein (auch meine Frau), alles ganz ohne Staat und „Sozialhilfe“.
Und dann schaut man ins völlig planlose Deutschland. Alle zerfleischen sich, jeder ist jetzt wieder Bundestrai…, Verzeihung, Virologe und schlauer als der Rest, Wohlstandsverwahrloste regen sich darüber auf, evtl. auf das 97. Konzert einer Band verzichten zu müssen, die sie schon zehnmal gesehen haben, andere treffen sich zum fröhlichen Weißwurstessen, als geschehe gegenwärtig nicht das Geringste. Es ist zum Wahnsinnigwerden. Ihr lebt in einem gespaltenen und kollabierten Land, das sich seinen Untergang redlich verdient hat. Wenn halt nicht die wenigen Anständigen und Vernünftigen von den Idioten mit in den Abgrund gezogen werden würden, zumal sukzessive alle verbliebenen, rationalen Stimmen brutal niedergebrüllt, ausgegrenzt, ignoriert oder dämonisiert wurden und werden.
Bei einer Pandemie muss man immer vom worst case ausgehen! Wenn dann alles nicht so schlimm kommt, umso besser! Aber was, wenn nicht?
Ich gehe davon aus, dass hier in China die Sache bis Mai ausgestanden ist, dann wird euch der Peak womöglich gerade erst bevorstehen. Buntland hat halt das Pech, seit sehr langer Zeit mit einer extrem inkompetenten Führung ausgestattet zu sein. Ich bin mir sicher, dass jemand wie Helmut Schmidt da sehr viel schneller, besser und präziser reagiert hätte. China hat der Welt durch seine harte Reaktion Zeit erkauft – die hätte man nutzen können. Auch hätte man sich 2002 nach SARS theoretisch einmal informieren können, wie das ablief, worauf man sich einstellen kann usw. usf.
Südkorea hat das gemacht. Die haben zwar hohe Zahlfallen, aber sehr wenig Todesfälle (über 8.000 Infizierte, aber nur 75 Tote), weil sie nach SARS entsprechende Notfallprogramme aufgelegt und regelmäßig trainiert haben. Südkorea liefert vermutlich die besten und vertrauenswürdigsten Zahlen, sie testen extrem viel und genau, die Bevölkerung ist vorbreitet, die Ärzte geschult. Taiwan hatte ich auch schon erwähnt.
Hierarchien entstehen normalerweise dank Kompetenz – in Deutschland aber sehen wir, dass fast auf allen Ebenen nicht Kompetenz der entscheidende Schlüssel ist, sondern die Zugehörigkeit zu den richtigen Netzwerken, der richtigen Ideologie usw. – im Gegenteil: wer kompetent ist, wird ausgebremst, vertrieben, aufs Abstellgleis geschoben. Die Erosion des Vertrauens läuft und läuft. Gesellschaften mit niedrigem Vertrauenslevel sind verheerend – da will man nicht leben, weil alle Transaktionskosten so hoch (zu hoch) sind. Es war einer der ganz großen Vorteile Deutschlands, dass es sich einst um eine Gesellschaft mit extrem hohem Vertrauenslevel handelte. Das wurde und wird seit ca. 20 Jahren sukzessive zerstört, extrem exzessiv seit rund fünf Jahren.
Hierarchien haben immer Bestand und werden immer auftauchen, weil sie ein natürlicher Bestandteil von Gesellschaften (nicht nur menschlicher) sind. Die Frage ist: Worauf basiert die Hierarchie und worauf ist sie ausgerichtet: Auf sich selbst oder auf das Ganze? Geht es um reinen Machterhalt oder (echtes) „Gemeinwohl“? Geht es um echte Kompetenz oder Gruppenzugehörigkeit?
Am Ende sehen wir eine stete Spirale und es braucht scheinbar diese schlimmen Krisen zur Katharsis und Reinigung (siehe Artikel: Die vier Generationen); und nachdem die Hierarchie aus Gründen des Machterhalts diese Reinigung seit nunmehr mindestens 1987 vor sich herschiebt, wird das finale Reinmachen recht groß ausfallen müssen.
Bitte nehmt die gegenwärtige Pandemie ernst. Was könnt ihr schon verlieren, wenn ihr vorsichtig seid und euch wappnet? Gar nichts. Erweist sich am Ende alles als halb so wild, ist das großartig. Im schlimmsten Fall musstet ihr dann eben ein paar Wochen auf dies und das verzichten. Wäre das wirklich ein Weltuntergang?
Schrecklicher Verdacht: Könnte es sich augenblicklich unter Umständen vornehmlich um böse, alte, weiße Männer in den USA, Israel und Australien handeln, die an einem Corona-Impfstoff dran sind? Wer weiß.
Ich möchte damit selbstverständlich niemanden vor den Kopf stoßen. Im Anschluss dürfen besagte Wesen natürlich wieder für jedes Unheil und Unglück dieses Planeten verantwortlich gemacht werden. Nur zwischendurch müssen sie halt so lästige Dinge tun wie das Schaffen (oder Retten) von Zivilisationen. Sad.
Bleibt gesund.
Ein kleines Update von uns: Wir sitzen zwar immer noch zuhause, aber die Lage scheint sich in Beijing schrittweise zu verbessern. Die Stadt ist hermetisch abgeriegelt und niemand aus Risikogebieten kann einfach so hereinspazieren. Jeder muss in Quarantäne, egal wie angereist wird. Angesichts des Umstandes, dass wir hier inoffiziell fast 30 Millionen Einwohner haben, ist das schon beachtlich. Ich hatte vor einigen Wochen zu meiner Frau gesagt, dass wir in der Hauptstadt vielleicht einen Vorteil haben, nachdem Xi, seine Frau und seine Tochter ebenfalls hier wohnen.
Wir haben darüber hinaus mittlerweile alle eine Corona-App, die uns mitteilt, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Entfernung von uns irgendjemand als infiziert diagnostiziert wurde.
Insgesamt wirkt es auf jeden Fall so, als würde das Leben etwas mehr auf die Straßen zurückkommen. Ich sehe mehr Leute draußen, natürlich alle nach wie vor mit Maske. Es gab hier scheinbar auch seit über zwei Wochen keinen neuen Toten.
Aber es ist krass, wenn man bedenkt, dass Beijing von Wuhan über doppelt so weit entfernt ist als beispielsweise die Lombardei von Bayern. Und trotzdem hat es uns hier erwischt. Der gemeine Buntbürger geht erstmal ins Stadion und hetzt gegen Unternehmer.
Auch lustig sind die Sprüche von wegen "interessant, wer von Freiheitlichen jetzt nach einem starken Staat ruft". Meine Fresse, wie realitätsfremd kann man eigentlich werden? Ein Buntbürger, der sich seit etlichen Jahren ohne staatliche Genehmigung nicht einmal die Schuhe selbstständig binden kann und will, soll jetzt auf einmal "seine Freiheiten ausleben müssen" und Selbstdisziplin an den Tag legen können? Dass ich nicht lache. Dass es einem Virus zudem scheißegal ist, wenn er wegen Bequemlichkeitsverblödung ignoriert wird, scheint ebenfalls nicht begriffen zu werden.
Was ist ein allgemeines Ignorieren bei alltäglichen Vergnügungen künftig eigentlich wert, wenn man stets im Hinterkopf darum weiß, sich oder Familienmitglieder infizieren zu können? Ich hätte jetzt jedenfalls keine allzu große Freude daran, mit meiner Kleinen im Bällebad herumzuhüpfen. Einfach aus vorübergehender Vorsicht! Es IST nunmal jetzt eine Plage, die wir alle überstehen müssen, bevor wir wieder einen normalen Alltag haben können.
Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Aussetzung der Bundesliga zu wesentlich engagierteren Unruhen führen würde als jede noch so rationale und sich um das Wohlergehen (!) der Leute sorgende Aufklärung.
Die Bundesliga ist nicht nur stark im „Zeichen setzen gegen rrräächtz“ und solidarisiert sich untereinander maximal im antikapitalistisch-degenerierten Neidhass gegen Unternehmer, Wohlstandsschaffer und Freudenspender wie Dietmar Hopp (der in einigen Wochen wahrscheinlich um die Herstellung eines Impfstoffs angebettelt werden wird), nein, sie bildet in erster Linie den mitunter wichtigsten Part des Brot-und-Spiele-Prinzips. Nimm dieses für den Staat überlebensnotwendige Element weg und der schlafende Steuermichel wird sich die Kartoffelchips aus der Arschritze puhlen und empört erheben.
Geldentwertung? Salamitaktisch daherkommender Klimatotalitarismus? Massenimport IQ-inkompatibler Bereicherungsaggressoren? Eine tödliche Virenplage? Drauf geschissen. Lasst uns also gemeinsam trällern, denn was einzig zählt, ist: „54, 74, 90, 22, ja so stimmen wir alle ein...!“ (Spotzfreunde Killer)
Tirili.
Beim Lesen der Neu-Infektionen habe ich gerade ein Déjà-vu. So ging es hier auch los. Da ein paar neue Infektionen, dort ein paar neue. „So schlimm wirds bestimmt nicht!“, dachten hier auch viele – vor gerade einmal einem Monat. Mittlerweile haben wir über 78.000 Infizierte und 2615 (offizielle) Tote im Mainland zu beklagen.
Passt bitte auf euch auf und nehmt die Sache ernst! Deckt euch mit Vorräten, Masken, entsprechenden Handschuhen, Desinfektionsmitteln und Schutzbrillen ein. Das Prinzip sollte lauten: Lieber haben und nicht brauchen als brauchen und nicht haben.
Vermeidet große Menschenmengen und öffentliche Verkehrsmittel. Unter Umständen wäre es auch nicht schlecht, vorübergehend nicht in der Weltgeschichte herumzugondeln.
Coronavirus in Baden-Württemberg und NRW bestätigt. Leute, aufwachen! Handeln!
Vielleicht könnte man sich ja allmählich mal von der Klima- und Nazihysterie in Buntland abwenden, die Phantom- und Geisterjagd wenigstens vorübergehend einstellen, und sich stattdessen einem REALEN Problem direkt vor der Haustür zuwenden.
#CoronaistnichtnureinbessererSchnupfen
Ich befürchte, die meisten Maßnahmen, die zur Vorbereitung auf das vorrückende Coronavirus ergriffen werden müssten, beißen sich mit den buntsozialistischen Vorgaben einer Gesellschaft, die „entschlossener denn je“ damit beschäftigt ist, irgendwelche Phantome zu jagen und nunmehr 24 Stunden am Stück an den Konsequenzen bzw. Kettenreaktionen ihrer eigenen katastrophalen Entscheidungen herumdoktert.
Hallo Tatjana!
Wir hatten uns um Chinese New Year herum in weiser Voraussicht komplett mit Vorräten eingedeckt, so dass wir mindestens sechs Wochen davon leben können.
Glücklicherweise ist die Lage in Peking nicht so dramatisch wie in Hubei. Es geht zwar kaum jemand raus und die Compounds sind alle abgeriegelt, aber die Supermärkte beliefern die Compounds. Entgegen irgendwelcher Horrornachrichten, die in Buntland hier und da gesät werden, sind die Regale in den Supermärkten nach wie vor prall gefüllt. Lieferungen werden am Gate des Compounds über die Absperrung gehoben. Wenn wir raus gehen, dann mit Maske, Brille und AIDS-Handschuhen. Man hat festgestellt, dass der Virus bis zu 40 Tage (!) auf beliebigen Oberflächen überleben kann. Wie will man den jemals wieder einfangen?
Überall wird Fieber gemessen. Es gibt Checkpoints in Compounds. Vor ein paar Tagen musste ich in meine Schule wegen wichtiger Unterlagen. Zuvor musste ich einen Fragenbogen ausfüllen und natürlich Fieber messen. Überhaupt müssen wir seit über einem Monat jeden Tag einen "Daily Health Report" an die örtlichen Behörden schicken.
Ich koordiniere und versorge von zuhause etwa 100 Schüler online mit Arbeit. Meine Schüler und Kollegen sind über die ganze Welt verstreut, so dass Online-Konferenzen schwierig sind, aber es klappt einigermaßen. Ich beantworte rund 50 Emails pro Tag.
Zeitgleich müssen wir natürlich unsere Kleine bespaßen, die zu jung ist, um zu verstehen, warum wir nicht mehr raus gehen. Wegen ihr sind wir auch in Peking geblieben, da es unmöglich ist, einer Zweijährigen zu erklären, über 14 Stunden (Einchecken, Boarding, Flug) eine Maske und Brille aufzusetzen. Klappt niemals.
Viele Grüße von Philipp aus Peking
Seit zwei Tagen Lehrer im Remote-Modus. Funktioniert erfreulicherweise sehr gut.
Zum aktuellen Stand der Dinge bzgl. Corona:
Von dem, was ich in Beijing mitbekomme, habe ich persönlich den Eindruck, dass eine (landesweite?) Taktik womöglich (!) darin besteht, den Virus auszusitzen, nachdem die Inkubationszeit 14 Tage beträgt.
Die Compounds wurden abgeriegelt, hinein kommt man nur mit Sondergenehmigung. Ich dürfte zwar raus und auch das Land verlassen, aber ich denke, das Aussitzen ist vorerst die bessere Option. Arbeit findet ab nächster Woche online statt, meine Schule bleibt vorerst bis 17. Februar geschlossen. Ich denke, dass dies nicht nur bei uns der Fall sein wird, sondern auch die meisten anderen Betriebe betrifft.
Darüber hinaus müssen alle „Expats“ mittlerweile täglich über den Arbeitgeber ein Online-Formular zum Gesundheitszustand ausfüllen und an die örtlichen Behörden schicken, bei Chinesen verhält es sich ähnlich, jedenfalls bei uns.
Am Montag sollen zwei neue Krankenhäuser in Wuhan eröffnet werden, die im Schnellverfahren in einer Woche hochgezogen wurden.
Soweit für den Moment.
Danke für die Nachfragen wegen des Coronavirus. Uns geht es soweit gut. Wir meiden Menschenmengen und gehen aktuell nur für das Nötigste raus. Leider lagen heute Morgen offenbar auch die ersten Toten in Beijing.
Heute Morgen rief uns die Polizei an und fragte nach, ob wir in Hubei waren, wo das Virus am schlimmsten um sich greift.
Was ich sonst noch mitbekommen habe: Das Militär hat mittlerweile 450 Fachmediziner nach Wuhan entsendet. Es wird zudem aktuell ein spezielles Krankenhaus in Wuhan errichtet, das nach 10 Tagen einsatzbereit sein soll.
Darüber hinaus wurden alle Festivitäten gestrichen, viele Sehenswürdigkeiten geschlossen. Aktuell stehen 18 Städte und 56 Millionen Menschen unter Quarantäne. Bisher mindestens 46 Tote. Friedhofsstille. Happy Chinese New Year.